FlashFocus: Der Aufstieg der Houston Texans
Die Anfänge eines Teams mit Potenzial
Houston ist die jüngste aller 32 in der NFL aktiven Franchises. 1999 gegründet, bestritt das Expansionsteam 2002 seine erste Regular Season. Ziel des damaligen Owners Bob McNair war es, die Football-Tradition nach dem Umzug der Oilers nach Tennessee, in Houston wiederzubeleben.
Dass aller (Neu-)Anfang schwer ist, mussten die Texans in den ersten Jahren mehrfach feststellen. Obwohl man einige talentierte Spieler entwickelten konnte, blieben herausragende Erfolge zunächst aus. Die frühen 2000er-Jahre waren geprägt von Aufbauarbeit und regelmäßigen Anpassungen, gepaart mit einer Vielzahl von Wechseln auf Schlüsselpositionen. Erst 2009, es war die achte Saison nach der Gründung, hatte Houston erstmals eine positive Saisonbilanz (9 Siege, 7 Niederlagen) zu Buche stehen.
2011 konnte man erstmals die AFC South für sich entscheiden. Es war der Startschuss für die großteils erfolgreichen 2010er Jahre – ein Zeitraum, in dem man insgesamt fünf Mal den Division-Titel holte. Mit QB Deshaun Watson und DE J.J. Watt verfügte H-Town über absolute Starspieler, die die Texans zu einem ernsthaften Playoff-Kandidaten machten.
Doch das Ende der Saison 2020, als Watt (NFL 2010s All-Decade Team) und Watson, der die NFL damals in „Passing Yards“ anführte, das Team verließen, stellte Houston abermals vor einen Neustart. Zu groß war der Qualitätsverlust durch den Abgang der beiden Aushängeschilder.
Neustart unter neuer Führung
Mit dem Abschied von Watson und Watt, sowie weiteren Säulen des Teams war klar, dass die Texans einen umfassenden Neustart benötigten. Die Führungsetage, die nach Bob McNairs Tod im November 2018, immer öfter für ihre kontroversen Entscheidungen kritisiert wurde, wurde unter McNairs Frau Janice ebenfalls neu besetzt. Die wichtigste Änderung in sportlicher Sicht: Draft first! Ab sofort soll der Kader durch gute Draft-Picks langfristig verbessert werden, anstatt mit teuren Veteranen kurzfristigen Erfolg zu erzwingen.
Die Verpflichtung von General Manager Nick Caserio im Jahr 2021 und die gekonnte Auswahl aufstrebender Youngsters wie QB C.J. Stroud, DE Will Anderson Jr. (beide 2023 gedraftet) und WR Nico Collins (Drittrunden-Pick 2021) legten den Grundstein für die aktuelle Euphorie.
Mit dem 2023 verpflichteten Head Coach DeMeco Ryans, der zuvor als Defensive Coordinator in San Francisco für Furore sorgte, war der Turnaround perfekt. Als ehemaliger Linebacker und Leistungsträger der Texans, bringt er einen hervorragenden Mix aus Football-IQ und emotionaler Verbindung für das Team und die Stadt mit.
Ryans hat es nicht nur geschafft, die Defense zu stabilisieren, sondern auch eine teamorientierte Philosophie zu implementieren, die den gesamten Klub nach vorne peitscht: „Du willst rausgehen und für genauso einen Typen spielen. Ich liebe es!“, verdeutlicht LB Christian Harris den Stellenwert seines Cheftrainers. Auch WR Nico Collins, DE Jonathan Greenard und LB Blake Cashman gehören zu den Spielern, die unter Ryans zu absoluten Topspielern wurden.
Ryans übernahm die Texans, nachdem sie 2022 auf dem letzten Platz in der AFC South landeten, und führte sie 2023 auf Anhieb an die Spitze der Division. Noch nie in der NFL-Geschichte war dieses Kunststück einem Team mit einem Rookie-Head-Coach und einem Rookie-Quartberack gelungen. Der Hype war nun endgültig „for real“, Ryans schrammte nur knapp am prestigeträchtigen „Coach of the Year“-Titel vorbei.
Youngsters als Kern des Erfolgs
Die neue Strategie, die Zukunft primär mittels Draft-Picks zu gestalten, ging also voll auf. C.J. Stroud, der bereits in seiner Rookie-Saison wie ein Routinier wirkte, beeindruckte mit einer Pass Completion Rate von 63,9%, warf für 4.108 Yards und erzielte 23 Touchdowns bei nur fünf Interceptions in 15 Spielen.
Nach der möglicherweise besten Rookie-Saison eines Quarterbacks in der Geschichte der NFL ist klar: Stroud, der nicht nur sportlich, sondern – im Gegensatz zu Deshaun Watson - auch mit seinem gesellschaftlichen Engagement überzeugt, ist die Antwort auf die langjährige Suche nach einem Franchise-Quarterback.
In der Defense setzte Edge-Rusher Will Anderson Jr. mit seinen 67 „Pressures“ ein Zeichen (Bestmarke unter allen Rookies). Durch seinen aggressiven Spielstil, der sowohl Druck auf den Quarterback ausübt, als auch gegen das Laufspiel effektiv ist, hat Anderson das Spiel der „Bulls on Parade“ stabilisiert. Gemeinsam mit weiteren talentierten Neuzugängen bildet er eine junge, hungrige Defense, welche diese Saison auch noch durch Danielle Hunter verstärkt wurde.
Neue Saison, große Chancen
Mit einem starken Start in die aktuelle Saison und einer soliden Verteidigung, die mittlerweile auch die Penalty Rate in den Griff bekommen hat, scheint es, als ob das Team genau dort weitermacht, wo es letztes Jahr aufgehört hat. Nachdem man 2023 erst in der Divisional Round gegen die Baltimore Ravens ausschied (10:34) steht man zur Saisonmitte 2024 mit einer 6:3-Bilanz erneut auf Platz 1 der AFC South.
Während die Titans und Jaguars bereits weit abgeschlagen zurückliegen, halten auch die zweitplatzierten Indianapolis Colts bei einer negativen Sieg-Niederlagen-Bilanz (4:5). Houston ist zudem sowohl zuhause als auch in der Division ungeschlagen. Mit den guten Chancen, in den Playoffs - zumindest zu Beginn - im eigenen Stadion spielen zu dürfen, könnte man die Siegesserie im NRG Stadium, die bis zum Christmas Game 2023 zurückreicht, prolongieren.
Bis dahin stehen mit Spielen gegen die Lions (Week 10), Chiefs (Week 16) und Ravens (Week 17) allerdings echte Härtetests bevor.