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"Der Vorteil war, dass ich kein Deutsch gesprochen habe" - Martin Fenin exklusiv

eFotbal / Robert Rohál
Martin Fenin galt einst als großes Stürmertalent bei Eintracht Frankfurt.
Martin Fenin galt einst als großes Stürmertalent bei Eintracht Frankfurt.@martin.fenin_official
Martin Fenin (35) galt einst als eines der größten Talente auf der Fußballbühne. Doch der Stern des Tschechen fiel nach Skandalen und Schicksalsschlägen tief. Zuletzt spielte er im Herbst 2017 professionellen Fußball im Trikot des tschechichen Zweitligisten Varnsdorf. Derzeit bereitet sich das einstige Top-Talent auf sein MMA-Debüt unter dem Oktagon-Banner vor. Auch wenn es den Anschein haben mag, dass er dem Fußball vor langer Zeit abgeschworen hat, stimmt das so nicht ganz. Wir haben exklusiv mit ehemaligen Bundesliga-Profi gesprochen.

Bis vor kurzem ist er noch Auf Torejagd für Řeporyje in der sechsten, tschechischen Liga gegangen. Doch Martin Fenin ist auch in anderen Rollen aktiv - er schreibt zusammen mit Jakub Kohák an dem Buch "Auf dem Level" und ist zudem Co-Autor des Fußball-Podcasts "Der Angreifer und der Übeltäter". Der ehemalige Stürmer von Eintracht Frankfurt und Energie Cottbus ist sich sicher, dass auch von seiner Seite aus auch fußballerisch noch nicht das letzte Wort gesprochen ist.

Bei der Verabschiedung von Alex Meier in Frankfurt im Herbst 2022 warst du mit dabei. Ein sehr schönes Erlebnis?

"Klar. Alex Meier ist eine Vereinslegende, er war auch Torschützenkönig in der Bundesliga. Er hat Legenden und seine Freunde eingeladen, so durfte ich zum Beispiel mit Jay Jay Okocha und Anthony Yeboah spielen. Was soll man sagen, ich werde wohl nie wieder die Chance bekommen, vor 50.000 Leuten zu spielen. Ich habe ein Tor geschossen, meine Tochter war dabei und ich habe sie nach dem Spiel mit aufs Feld genommen... Es war ein Traum, der wahr geworden ist. Ein Traum, den ich zudem auch nicht mehr auf der Rechnung hatte, da es nicht so aussah, als könnte er wahr werden."

Apropos Bundesliga: Mit einem Hattrick im Berliner Olympiastadion zu debütieren, das schafft man nicht alle Tage. Wie hast du dich gefühlt, als du ein oder zwei Tage danach durch die Straßen von Frankfurt spaziert bist?

"Ich kann es gar nicht wirklich beschreiben. Nach dem Hertha-Spiel bin ich ohnehin nicht nach Frankfurt geflogen, denn am nächsten Tag war eine Nationalmannschaftssitzung. Vielleicht war es auch besser so, weil ich hinterher erfahren habe, dass am Flughafen schon Hunderte von Fans auf mich gewartet hatten. Ich war aber nicht in der Stadt, ich kam erst kurz vor dem nächsten Spiel an, in dem ich dann wieder ein Tor geschossen habe. Es war unglaublich. Der Vorteil war, dass ich kein Deutsch sprach. Ich war 20 Jahre alt und das erste Mal in meinem Leben weit weg von meiner Familie. Wegen all der neuen Dinge in meinem Leben, hatte ich überhaupt nicht die Zeit, zu genießen, dass die Leute in Frankfurt mich so sehr feierten. In dieser Zeit war ich der teuerste Neuzugang in der Geschichte des Vereins. Schon bei meiner allerersten Trainingseinheit nach dem Transfer waren zweitausend Leute da, so viel hatten wir in Teplice bei einem Ligaspiel gegen Zlin. Alles in allem war es einfach eine neue Welt."

Martin Fenins Karrierestatistik

Nach der Saison 2017/2018 hast du in Varnsdorf aufgehört. Warst du erleichtert, dass du dich vor niemandem mehr verantworten musstest, war der Druck, der auf dir lastete, wirklich so groß?

"Am Anfang war ich Star des tschechischen Fußballs, der maßlos überbewertet wurde. Mir wurde eine unglaubliche Bürde aufgelastet. Dann kam ich in die Nationalmannschaft, die sich in ihrer goldenen Ära befand. Das Ausscheiden bei der Weltmeisterschaft und der Ärger mit den Prostituierten wurde von der Boulevardpresse auf eine böse Art und Weise verfolgt. Danach geriet ich in Kozicka auch noch in eine Schlägerei. Daraufhin hat sich das Blatt endgülitg gewendet. Manchmal habe ich vielleicht ein bisschen über die Strenge geschlagen, aber ich war zwanzig Jahre und hatte schon so viel durchgemacht wie manche Leute in drei Karrieren, und das war schwer. Als ich meine Karriere beendete, teilte ich meinem Trainer Zdenek Frtala mit, dass ich einfach nicht mehr spielen konnte. Zuerst habe ich es als eine Auszeit gesehen, und als das auch nicht geholfen hat, habe ich mir gesagt, dass ich aufhören muss. Ich war danach so erleichtert."

Ein paar Jahre später kehrten Sie in die 1. A-Klasse (6. Liga) in Prag im Trikot von Řeporyjí zurück. Warum war auch dieses Kapitel so schnell vorbei?

"Es hat gar nicht richtig angefangen. Es war für mich ein großes Projekt, aber ich wurde jedes Mal durch Covid gestoppt, wenn ich meine Liebe zum Fußball wiedererweckt hatte. Wenn man in ein gewisses Alter kommt, man nicht mehr richtig trainiert, keinen Physio zur Verfügung hat und einem die letzte Motivation fehlt, dann macht der Körper eben nicht mehr mit. Immerhin habe ich zwei ganze Saisons lang gespielt, in der letzten habe ich sogar acht Tore geschossen. Ich hätte wahrscheinlich weitergemacht, aber erst kam das Angebot für das Abschiedsspiel in Deutschland, auf das ich mich konditionell vorbereitete, und dann rief Oktagon an. 

Miroslav Slepicka (ehemals Greuther Fürth) kehrte nach seiner MMA-Karriere zum Fußball zurück, und auch Sie spielen mit dieser Idee. 35 Jahre sind ja heutzutage kein Alter mehr...

"Es ist ein Traum von mir, der nach Frankfurt im letzten Jahr entstanden ist. Ich habe den größten Teil meines Fußballlebens abgeschlossen und bin sehr froh darüber. Ich habe mich von der Stadt und den Fans, die mich dort geliebt haben, verabschiedet. Eines weiß jedoch ich mit Sicherheit. Wenn ich mich nicht verletze, bin ich mir sicher, dass ich es schaffen kann, nochmal halbwegs professionell zu spielen. Im September werde ich alles dafür geben. Sechs oder sieben harte Trainingseinheiten pro Woche machen sich bemerkbar. Es wäre furchtbar schön, hier in Tschechien einen Abschluss zu finden. Ich würde gerne einmal für die B-Mannschaft von Teplice starten. Wahrscheinlich würde es nicht für 90 Minuten reichen, aber ich bin immer noch ein Stürmer. Und wenn man einen Stürmer reinwirft, der die letzten fünfzehn Minuten im Sechzehner spielen kann, ist das vielleicht keine schlechte Sache."

Martin Fenin (r.) und Miroslav Slepicka
Martin Fenin (r.) und Miroslav SlepickaInstagram: Martin Fenin