Erster weiblicher NHL-Coach: Campbell "möchte nicht die einzige sein"
Für Jessica Campbell war eigentlich alles wie immer. Das Geschehen auf dem Eis verfolgte sie hinter der Bande, die Pausen nutzte die Kanadierin für taktische Anweisungen an ihre Spieler. Doch ganz normal war an diesem historischen Abend in Seattle eben nicht alles. Denn während die 32-Jährige gewohnt akribisch ihrer Arbeit nachging, schrieb sie als erste Trainerin bei einem NHL-Spiel Eishockey-Geschichte.
Im Juli war Campbell bei Seattle Kraken, dem Team des deutschen Nationaltorhüters Philipp Grubauer, zur Assistentin ernannt worden, sie unterstützt Headcoach Dan Bylsma. Nun feierte sie beim Saisonauftakt der Franchise gegen die St. Louis Blues (2:3) offiziell ihr Debüt in der bedeutendsten Eishockeyliga der Welt - und sendete so ein wichtiges Zeichen an viele Frauen.
Vergangenheit in Deutschland
Schon bei der lautstarken Begrüßung in der Halle huschte Campbell ein Lächeln über das Gesicht. "Ich werde versuchen, diesen Moment zu würdigen", sagte die Pionierin, "weil ich weiß und definitiv verstehe, dass die Größe und die Bedeutung dieses Moments wirklich wichtig für unser Spiel ist." Ihre Premiere auf der größtmöglichen Bühne mache sie einfach nur "stolz", es sei "etwas Besonderes, hier zu sein".
Aus einer Eishockey-Familie stammend, fing die junge Jessica früh mit dem Sport an. In der Umkleidekabine sei sie damals aber oft das einzige Mädchen gewesen. "Ich habe mich nicht wirklich anders gesehen", sagte Campbell, die einfach nur ihrer "Liebe" zum Eishockey nachgehen wollte. Es folgte eine beeindruckende Karriere, mit der kanadischen Frauen-Nationalmannschaft gewann sie bei der WM 2015 in Schweden Silber.
Mit dem Ende ihrer aktiven Laufbahn versuchte sich Campbell dann als Coach - und ergatterte auch Jobs in Deutschland. So arbeitete sie 2021/22 als erste Trainerin in der Deutschen Eishockey Liga (DEL) bei den Nürnberg Ice Tigers, bei der WM 2022 war sie Assistentin des damaligen Bundestrainers Toni Söderholm.
Mit ihrem historischen Durchbruch in der NHL hat Campbell ihr nächstes Ziel erreicht - nun sollen weitere Frauen auch diesen Weg gehen. "Ich fühle mich zwar geehrt, die erste zu sein", sagte sie, "aber ich möchte nicht die einzige sein."