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Das Nmecha-Dilemma: Warum BVB-Fans auf ein großes Talent lieber verzichten würden

Noch steht Felix Nmecha beim VfL Wolfsburg unter Vertrag
Noch steht Felix Nmecha beim VfL Wolfsburg unter VertragProfimedia
Darf man diversen Medienberichten Glauben schenken, steht ein Transfer von Felix Nmecha zu Borussia Dortmund unmittelbar bevor. Zweifelsohne ist Nmecha einer der Senkrechtstarter der abgelaufenen Bundesliga-Saison. Aus dem System von Wolfsburg-Trainer Niko Kovac war er in der Rückrunde nicht wegzudenken. Nach dem Bellingham-Transfer ist der BVB auf der Suche nach einem spielstarken Mittelfeldspieler. Ein perfektes Match? Darüber sind sich die schwarz-gelben Fans uneinig. Denn Felix Nmecha fällt es offenbar schwer, inklusive Gedanken zuzulassen. Ein Kommentar von Micha Pesseg.

22 Jahre, ein feines Auge für seine Mitspieler, ausgebildet bei Manchester City. Seit März deutscher A-Nationalspieler, 1,90 Meter groß, 9 Scorerpunkte in 30 Bundesliga-Spielen 2022/23.

Aus sportlichen Gesichtspunkten wird Borussia Dortmund in den nächsten Tagen wohl einen Top-Transfer vermelden. Man wird sich relativ günstig eines der größten Mittelfeldtalente Deutschlands sichern. Es ist vorstellbar, dass Felix Nmecha nach etwas Eingewöhnungszeit dem BVB auf höchstem Niveau weiterhelfen kann.

Dennoch scheinen weite Teile des schwarz-gelben Fanlagers nicht wirklich von Nmecha überzeugt zu sein. Was mit dessen Fähigkeiten am Ball nichts zu tun hat. Sondern mit seinen Aktivitäten auf Social-Media.

Homophobe Andeutungen als Brandbeschleuniger

Auf Instagram teilte er pünktlich zu Beginn des Pride-Monats ein Bild, welches “Pride” – also Stolz – mit dem Teufel gleichsetzt. Als Gegenstück präsentiert Nmecha den Himmel, Jesus Christus, das illustrierte Wort “Grace” – Gnade.

Nicht das erste Mal, dass er in den sozialen Netzwerken eine homophobe Einstellung offenbarte. Schon zuvor hatte er mit interessanten Aussagen auf sich aufmerksam gemacht: "Ich spiele Fußball nicht für andere Leute, sondern für Gott", zitierte ihn das christliche Online-Medium "promisglauben.de".

Als konservativer Christ fällt es Nmecha schwer, die Gleichstellung von homo- bi- und transsexuellen einwandfrei zu akzeptieren. Die Vorwürfe sind schwer: Er schüre Hass, es fehle ihm an der nötigen Toleranz.

Was in der Autostadt Wolfsburg für kaum Aufruhr sorgte, wird bei einem Verein, der sich immer wieder offensiv als liberal und weltoffen zu positionieren versucht, zum Problem. 

Grundsatz-Kodex verlangt "inklusive Gemeinschaft"

Weniger für das Präsidium, welches von einem Transfer in sportlicher Hinsicht überzeugt ist und mit Nmecha laut der Funke-Gruppe bereits ein klärendes Gespräch geführt hat. Sondern für viele Fans, die vehement auf eine bei der Mitgliederversammlung im November 2022 durchgesetzte Grundsatz-Vereinbarung pochen.

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"Wir verstehen uns als vielfältige, inklusive Gemeinschaft, sind Heimat für Borussen unabhängig ihres Alters, ihres Aussehens, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Identität und Orientierung, ihrer Kultur, ihres Glaubens, ihrer Hautfarbe, ihrer Nationalität oder ihrer sozialen Herkunft", heißt es in dem Kodex.

Die Fangruppierung “Rainbow Borussen” lehnt eine Verpflichtung des 22-Jährigen darum kategorisch ab: "(...) Nun hat sich aber mit Felix Nmecha ein Spieler in das Blickfeld des BVB gespielt, der seinen christlichen Glauben so fundamental auslegt, dass er Personen ablehnt, die transsexuell sind oder nicht der heterosexuellen Norm entsprechen, dessen Einstellung also dem zitierten Grundwertekodex widerspricht."

Horcht man in die Dortmunder Fanseele hinein, sind die "Rainbow Borussen" mit dieser Einstellung nicht allein. Trotz des Widerstands zahlreicher Anhänger dürfte das Präsidium von der Verpflichtung nicht endgültig abrücken. Was berechtigte Argumente hat.

Wer geht auf wen zu?

Borussia Dortmund versteht sich als Sportverein mit liberalen Werten. Doch Borussia Dortmund versteht sich auch als erster Verfolger von Bayern München. Als Verein im erweiterten europäischen Spitzenfeld. Kann man da wirklich auf ein vermeintliches Schnäppchen wie Felix Nmecha verzichten?

Das Dortmunder Fanlager hat das gute Recht, die Gesinnung des jungen Spielers auch nach der bevorstehenden Verpflichtung kritisch zu betrachten. Solange man dabei nicht mit zweierlei Maß misst. Denn wie es im Kopf jedes einzelnen Spielers aussieht – weiß man trotz Social Media im Normalfall nicht.

Dass es schwierig ist, einen Spieler zu bejubeln, der völlig andere gesellschaftliche Ansichten vertritt, als man selbst, ist klar. Doch wie jeder andere Neuzugang hätte sich Felix Nmecha zumindest verdient, aus sportlicher Sicht fair beurteilt zu werden.