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Ein Satz mit X: St. Pauli, Werder & Co. - Der Sport geht auf Distanz zum Musk-Kanal

Flashscore/SID
Der Kurznachrichtendienst X wird im deutschen Sport immer kritischer hinterfragt.
Der Kurznachrichtendienst X wird im deutschen Sport immer kritischer hinterfragt.MATTEO DELLA TORRE/NurPhoto via AFP
Die Nachrichten aus Germany dürften Elon Musk kaum interessiert haben, als er in Texas mit Donald Trump den nicht ganz geglückten Testflug seiner Starship-Rakete verfolgte. Dennoch ist dem Berater des künftigen US-Präsidenten sicher nicht entgangen, dass die Beliebtheitswerte seines Sozialen Netzwerks "X" beim deutschen Sport geradezu abgestürzt sind. Nach dem Abschied der Fußball-Bundesligisten FC St. Pauli und Werder Bremen haben andere Klubs und Verbände einen ähnlichen Weg eingeschlagen.

Er verfolge "die Entwicklung der Plattform sehr genau und mit großer Sorge", ließ der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den SID wissen: "Im Laufe des Jahres 2024 haben wir bereits unsere X-Kanäle zur 3. Liga und zum DFB-Pokal geschlossen, darüber hinaus haben wir die Zahl unserer Posts auch auf den größten Kanälen deutlich reduziert." Als einen der Gründe für die Maßnahmen gab der größte Einzelsportverband der Welt, dem alleine auf seinem Nationalmannschaftskanal 3,2 Millionen User folgen, die "politische Entwicklung" an: "Mögliche weitere Schritte diskutieren und prüfen wir."

Fast wortgleich lesen sich zahlreiche weitere Reaktionen aus den Reihen des Sports. Immer wieder ist von "genauer Beobachtung" und "zunehmender Sorge" die Rede - auch bei der Deutschen Fußball Liga (DFL), die dennoch präsent bleiben möchte. Ursache dafür ist die Entwicklung der früher als Twitter bekannten Plattform seit der Übernahme durch den derzeit reichsten Menschen der Welt vor rund zwei Jahren.

Kritiker sehen "X" unter der Regentschaft des äußerst umstrittenen Musk mittlerweile als rechte Echokammer, auf der unter anderem Rassismus, Antisemitismus, Hetze gegen Minderheiten und Verschwörungstheorien Konjunktur haben. Sanktionen gegen die Radikalisierung gebe es kaum, die Auswüchse würden sogar gefördert. St. Pauli bezeichnete "X" bei seinem Abschied als "Hass-Maschine".

"Musk hat die ganze Plattform verändert, er hat sie dereguliert. Seine propagierte 'Free Speech' bedeutet eine Radikalisierung", sagte Medienwissenschaftler Christoph Bertling von der Deutschen Sporthochschule Köln dem SID: "Man findet sehr viele Polarisierungen und 'Hate Speeches'. Dass man sich auf so einer Plattform nicht mehr bewegen möchte, aus ökonomischen oder politischen Gründen heraus, ist komplett nachvollziehbar."

Ihre Besorgnis über die Entwicklung brachten in einer SID-Umfrage neben dem DFB unter anderem der deutsche Meister Bayer Leverkusen, Vize VfB Stuttgart, der 1. FC Heidenheim, der VfL Wolfsburg, der Hamburger SV und der 1. FC Kaiserslautern zum Ausdruck. Noch nutzen die Klubs "X" wegen der hohen Reichweite bei ihren Fans. Doch bei den meisten der genannten Vereine ist eine Tendenz zu erkennen, die wie bei Drittligist Hansa Rostock mit der Stilllegung der Kanäle enden könnte.

Einige Verbände sind diesen Schritt bereits gegangen. Der Deutsche Volleyball-Verband (DVV) "bespielt" schon seit März "X nicht mehr aktiv" und plant "derzeit keine Wiederaufnahme". Der Deutsche Skiverband (DSV) hat schon seit November 2022 die "Berichterstattung auf diesem Kanal bis auf Weiteres" eingestellt. Der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) lässt sein Konto "stillschweigend ruhen".

Soziales Gewissen gegen Profitgedanke

"Gerade Vereine oder Verbände betonen ihr soziales Gewissen, dem sie gerecht werden möchten - auch wenn es ökonomisch mit Blick auf die Reichweite schwierig ist", sagte Bertling: "Wenn das Image von X immer schlechter wird, könnte es aber auch problematisch werden mit Blick auf die Sponsoren, die damit nicht in Verbindung gebracht werden wollen. Jeder Verein muss seine Entscheidung also politisch und ökonomisch durchdenken."

Dass Pauli und Werder nun auf das Netzwerk "Bluesky" setzen, änderte nach Ansicht Berlings nichts am grundsätzlichen Dilemma. "Es scheint für den Moment liberaler und ist sicher eine Alternative", erklärte der Experte: "Aber im Grundsatz bleibt auch dort die Gefahr bestehen, dass man sich abhängig von einer Plattform macht."