Anzeige
Anzeige
Anzeige
Mehr
Anzeige
Anzeige

Männer zurück an die Pfeife? Leipzig und FCN üben harte Kritik an Schiedsrichterinnen

Aktualisiert
Nadine Westerhoff musste sich stellvertretend heftige Kritik von Nürnberg-Boss Cankaya gefallen lassen.
Nadine Westerhoff musste sich stellvertretend heftige Kritik von Nürnberg-Boss Cankaya gefallen lassen.Profimedia
In der Debatte um die Einführung von männlichen Schiedsrichtern in der Frauen-Bundesliga sollte für Aufsteiger RB Leipzig "immer die Qualität der Spielleitung im Vordergrund" stehen. "Fehlentscheidungen kommen vor - egal ob Spiele von einem Mann oder einer Frau geleitet werden", teilte Viola Odebrecht, Leiterin der Frauen- und Mädchenabteilung bei den Sachsen, auf SID-Anfrage mit.

Zuvor hatte der Mitaufsteiger 1. FC Nürnberg die Leistungen der Schiedsrichterinnen in der Frauen-Bundesliga scharf kritisiert und die Öffnung für männliche Unparteiische gefordert. Odebrecht betonte, dass in diesem Fall "die Förderung junger Schiedsrichterinnen in Deutschland nicht vernachlässigt" werden dürfe.

Unmittelbarer Anlass der Nürnberger Stellungnahme sei eine "gravierende Fehlentscheidung" des Gespanns beim 0:4 der Club-Frauen am vergangenen Samstag bei Werder Bremen gewesen, wie der Verein mitteilte. Der FCN sprach dabei von einer vereinsübergreifenden, "ligaweiten Problematik", von der "sämtliche Vereine" betroffen seien.

Auch Hilfe bot Nürnberg-Boss Cankaya an. "Bei der Entwicklung eines nachhaltigen und optimierten Ausbildungskonzeptes zur Förderung der Schiedsrichterinnen unterstützen wir gerne", sagte er, "wenngleich dies bestenfalls nur mittelfristig Abhilfe leisten kann.

FCN-Boss Cankaya sieht "alamierende" Lage

"Alarmierend" und "nicht mehr hinzunehmen" sei die Lage in der Frauen-Bundesliga, schimpfte der Sportliche Leiter des "Clubs" und warf dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) "qualitative Missstände und strukturelle Defizite" im Bereich Schiedsrichterinnen vor. Die wütende Attacke eines Ewiggestrigen auf die Gleichberechtigung? Mitnichten!

Cankaya benannte in seinem Hilferuf offen ein Problem, das die Verantwortlichen aller Klubs seit Monaten umtreibt. Sein Lösungsvorschlag ist so radikal wie mehrheitsfähig: Männer sollen wieder an die Pfeife! Nicht ausschließlich, aber ergänzend zu den Frauengespannen, denen immer wieder gravierende Fehler unterliefen. Das Thema dürfte bei der turnusmäßigen Halbjahrestagung der Manager in der kommenden Woche auf den Tisch kommen.

"Warum sind wir nicht in der Lage, die Tore für männliche Schiedsrichter zu öffnen?", fragte auch Abteilungsleiterin Bianca Rech vom Meister Bayern München Anfang des Jahres im kicker. Ralf Kellermann, Sportlicher Leiter beim Pokalsieger VfL Wolfsburg, assistierte: "Wir sind die einzige Top-Nation in Europa, die es sich leistet, die Schiedsrichterinnen-Teams nicht mit Männern aufzufüllen."

Keine Frauenfeindlichkeit, sondern Professionalisierung

Das hat nichts mit Frauenfeindlichkeit zu tun, es geht allen Beteiligten einzig um die Professionalisierung. Die hat bei den Spielerinnen rasant zugenommen, seit die großen Männerklubs europaweit in ihre Frauenteams investieren. Bei den Schiedsrichterinnen herrschen dagegen oft noch amateurhafte Verhältnisse.

"Da muss Qualität entscheiden", sagte Bundestrainer Horst Hrubesch. "Ob ich einen Mann oder eine Frau hinstelle, ist egal." Wie in jedem anderen Arbeitsbereich. Die Qualität aber leidet, wenn Schiedsrichterinnen Spiele "parallel zu einer oft 40-Stunden-Woche" leiten, wie Christine Baitinger im Herbst im Sportschau-Interview einräumte. Baitinger war einst selbst Unparteiische auf Weltklasse-Niveau und ist inzwischen beim DFB die Sportliche Leiterin der Schiedsrichterinnen.

Angesichts dieser Umstände sei es "nicht verwunderlich", sagte VfL-Boss Kellermann, dass die Kluft zwischen Spielerinnen und Unparteiischen "größer geworden ist". Zumal die besten weiblichen Referees oft bei den Männern eingesetzt werden und es bei den Frauen aus Kostengründen keinen VAR gibt.

Was die Klubs frustriert, ist die Schwerfälligkeit des "Tankers" DFB. "Wir würden uns wünschen, dass der DFB dieses Thema stärker priorisiert", sagte Rech. Es gehe ja nicht darum, beim Top-Spiel der Liga einen Mann pfeifen zu lassen, beschwichtigte Kellermann. Vielmehr könnte man die Gespanne auffüllen, "bis ich so viel Qualität in der Breite habe, damit es reicht". Andere Ligen gingen so vor, nur Deutschland leiste sich den "Luxus", auf die Profis zu verzichten. "Ich habe den Vorschlag schon vor Jahren beim DFB platziert", sagte Kellermann, "und er wurde von den seinerzeit Verantwortlichen strikt abgelehnt."

Eine schnelle Lösung scheint nicht in Sicht. Schiedsrichterchefin Baitinger will den finanziellen "Freiraum" ihrer Truppe zwar perspektivisch vergrößern. Insgesamt aber "sind wir sehr gut aufgestellt", betonte sie: "Wir haben Top-Schiedsrichterinnen, auch junge."