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Leverkusen, Schalke & Co.: Die besten Bundesliga-Teams, die nie den Titel holten

Schalke-Manager Rudi Assauer (r.) wähnte sich für wenige Minuten als Meister des Jahres 2001.
Schalke-Manager Rudi Assauer (r.) wähnte sich für wenige Minuten als Meister des Jahres 2001.AFP
Seit dem Start der Fußball-Bundesliga im Jahr 1963 haben zwölf verschiedene Vereine die begehrte Schale in die Höhe stemmen können. Nach dem Abschluss der Hinrunde ist es sicher nicht vermessen, zu sagen, dass mit Bayer Leverkusen im kommenden Sommer ein dreizehnter Titelträger hinzukommen könnte. Doch in der Geschichte des Oberhauses gab es immer wieder Teams, die zwar nah dran waren, den entscheidenden Schritt zur Meisterschaft am Ende aber verpasst haben. Bayer 04 selbst hat in dieser Hinsicht bereits schmerzliche Erfahrungen gesammelt.

Bayer 04 Leverkusen

Das Traumtor von Zinedine Zidane per Volley-Drehschuss aus der Luft ist wohl für jeden Fußballfan eines der schönsten Tore überhaupt, doch für Bayer Leverkusen bedeutete es das Ende einer nervenaufreibenden Reise. Das Erreichen des Champions League Finals 2002 ist bis heute der größte Erfolg der Vereinsgeschichte der Werkself, doch markiert gleichzeitig auch den Tag einer schmerzhaften Niederlage. Das 1:2 gegen Zidane und Real Madrid in Glasgow bedeutete für Bayer 04, dass man sowohl in der Bundesliga als auch im DFB Pokal und in der Königsklasse innerhalb weniger Tage dreimal Zweiter geworden war – der Begriff "Vizekusen" war geboren.

Während im Endspiel des DFB Pokals Schalke 04 mit 2:4 zu stark war, glichen die letzten Spieltage in der Bundesliga einem wahren Albtraum. Drei Wochen vor Schluss lag man noch mit fünf Punkten Vorsprung auf den Zweiten auf dem Platz an der Sonne, Niederlagen gegen Bremen und in Nürnberg ließen Konkurrent Borussia Dortmund aber noch vorbeiziehen. Hansjörg Butt, Lucio, Bernd Schneider und Co. verspielten in fahrlässiger Manier den ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte.

Vielleicht spielte es dabei auch eine Rolle, dass man zwei Jahre zuvor ein wahres Trauma erlebt hatte: Am letzten Spieltag der Saison 1999/2000 wusste die Werkself, dass ein Punkt in Unterhaching reichen würde, um die Schale in die Höhe zu stemmen.

Die bayerischen Vorstädter, die den Klassenerhalt bereits sicher hatten und nur noch um die Ehre spielten, erwiesen sich allerdings als zäher Gegner. Richtig schlimm wurde der Nachmittag nach 20 Minuten, als der damals junge Mittelfeldspieler Michael Ballack eine Flanke per Grätsche ins eigene Tor bugsierte. Bayer schien geschockt und konnte sich von dem Rückstand nicht erholen, später erhöhte Markus Oberleitner sogar auf 0:2 und die Rheinländer verspielten den sicher geglaubten Titel. 

Auch in den Folgejahren etablierte sich Leverkusen als Garant für attraktiven Offensivfußball und ist inzwischen eine Top-Adresse im deutschen Fußball, doch auf ihren ersten Meistertitel warten sie bislang immer noch.

Schalke 04

Sergej Barbarez hätte ein großer Name in der Geschichte von Schalke 04 werden können, doch das Schicksal wollte es anders. Dabei spielte Barbarez nicht mal für die Königsblauen, sondern für den Hamburger SV. Doch im Jahr 2001 erzielte der 52-Jährige einen Treffer, der nach menschlichem Ermessen zum Meistertitel der Schalker hätte führen müssen.

Am 34. Spieltag der Saison 2000/01 traf Barbarez in der 90. Minute des Partie zwischen dem HSV und dem FC Bayern zur Führung für die Hamburger. Ein Tor, das bedeutete, dass die Münchner im Fernduell um die Meisterschaft in der Tabelle hinter Schalke zurück auf Platz zwei fallen würden.

Bei noch wenigen Minuten Spielzeit sahen die Knappen wie der sichere Meister aus, zumal ihr eigenes Spiel gegen Unterhaching bereits siegreich abgepfiffen war. TV-Reporter Rolf Fuhrmann – der damals im Gelsenkirchener Parkstadion vor Ort war – gab sogar die Information durch, dass das Spiel in Hamburg abgepfiffen sei und Schalke somit Meister sei. Doch wenige Momente später erschien auf der Leinwand des Stadions das Bildsignal aus Hamburg. Die Fans sahen, dass das Spiel noch lief – und wie.

Eine eigentlich harmlose Situation in der Nachspielzeit löste Hamburgs tschechischer Verteidiger Tomas Ujfalusi mit einem Rückpass zu Torhüter Matthias Schober. Anstatt den Ball wegzuschlagen, nahm dieser ihn in die Hand. Das wurde zum Verhängnis. Schiedsrichter Markus Merk entschied auf indirekten Freistoß. Dem einen oder anderen Schalker Fan dürfte da schon klar gewesen sein, was nun folgen sollte: Patrik Andersson, der sonst nie getroffen hatte, hämmerte den Ball aus wenigen Metern zwischen der Mauer hindurch ins Tor. Die folgenden Bilder haben sich tief ins Gedächtnis eingegraben: Torwart Oliver Kahn jubelt mit der Eckfahne, Schalker Fans liegen weinend am Boden.

S04-Manager Rudi Assauer bekundete später, an diesem Tag habe er den Glauben an den Fußballgott verloren. Schalke war genau vier Minuten Meister, beendete die Saison als Zweiter und wartet seit Gründung der Bundesliga weiter auf seinen ersten Titel.

RB Leipzig

Obwohl RB Leipzig erst seit 2016 in der Bundesliga spielt, befinden sie sich seit ihrem Aufstieg in jedem Jahr im Kreis der Favoriten auf den Titel. Nicht verwunderlich für ein Team, das in sechs von sieben Saisons im Oberhaus unter die besten Drei gekommen ist. Aus dem Stand gelang der Mannschaft aus der Messestadt in der Saison 2016/17 die Vizemeisterschaft. Vor allem in der Spielzeit 2019/20 lagen die Sachsen bis zur coronabedingten Unterbrechung des Spielbetriebs lange auf Rang eins und mussten am Ende erneut den Münchner Bayern den Vortritt lassen.

Auch wenn Traditionalisten das nicht gerne hören, RB ist in den vergangenen Jahren nach dem FC Bayern und neben Borussia Dortmund der konstanteste und beste Verein Deutschlands. Eine Erkenntnis, die immer mehr auch in das Selbstverständnis der Sachsen einzieht. So ruft man inzwischen konsequent die Teilnahme an der Champions League als Saisonziel aus, immer wieder mischen sich sogar Stimmen dazwischen, die Bayern angreifen und den Titel anvisieren zu wollen. Dabei könnte der Hemmschuh, der den Roten Bullen bislang den Weg zum ganz großen Wurf versperrt, ein hausgemachter sein: Die eigene Philosophie.

Viele Vereine haben sich dem Credo verschrieben, auf junge Spieler zu setzen, diese auszubilden und nach einigen Jahren teurer zu verkaufen. Auch RB Leipzig handelt nach dieser Devise, kann durch die finanzielle Unterstützung des Red Bull-Konzerns aber bereits auf ganz anderem Ablöseniveau beginnen.

Während andere Klubs nach günstigen oder gar ablösefreien Spielern suchen müssen, um diese weiterzuentwickeln, sind bei den Leipzigern Ablösen jenseits der 10-Millionen-Euro-Grenze für Teenager keine Seltenheit. So kam beispielsweise Josko Gvardiol als 19-Jähriger für fast 40 Millionen Euro aus Zagreb, nur um ihn zwei Jahre später für mehr als das Doppelte nach England weiterzuverkaufen.

Die Taktik geht also auf. Doch der Moment, in dem RB wirklich um den Titel mitspielen kann, wird der sein, an dem sie die Seiten wechseln. Irgendwann muss auch Leipzig den ausgebildeten Spieler von einem Ausbildungsverein abkaufen, um selbst mit noch mehr Qualität und Erfahrung aufwarten zu können. Wenn dieser Moment erreicht ist, ist der Bundesliga-Titel nicht mehr weit entfernt.

Eintracht Frankfurt

Was für Schalke das Jahr 2001 ist, ist für die Frankfurter Eintracht das Jahr 1992. Ein Trauma, das sich tief in die Herzen all derer eingebrannt hat, die es mit den Adlerträgern halten. Vor dem letzten Spieltag der Saison 1991/92 lag die Eintracht dank der besseren Tordifferenz auf dem ersten Platz. Über die gesamte Spielzeit hinweg hatten Akteure wie Torhüter Uli Stein, Flankengott Uwe Bein oder Star-Regisseur Andreas Möller die Fans verzaubert, nun musste am letzten Spieltag nur noch der Deckel draufgesetzt werden. Und das in Rostock, beim bereits feststehenden Absteiger.

Doch an diesem 16. Mai meinte es die Geschichte nicht gut mit den Hessen. Der couragiert spielende designierte Zweitligist ging in der 63. Minute durch Jens Dowe in Führung, was Axel Kruse nur wenige Minuten später für die Frankfurter ausgleichen konnte. Da im Parallelspiel der VfB Stuttgart ebenfalls in Führung ging, war nun klar, dass die Frankfurter gewinnen mussten, um die Schale in die Höhe zu strecken.

Rund zehn Minuten vor dem Ende fand zunächst ein Treffer des Frankfurters Lothar Sippel zu Recht keine Anerkennung, später erkannte der Schiedsrichter aber nach einem klaren Foul an Ralf Weber aus unerklärlichen Gründen nicht auf Elfmeter.

Nach dem Spiel äußerte sich der Unparteiische bei Ansicht der Bilder: "Ja, ich hätte pfeifen müssen, es war ein klarer Elfmeter, ich habe Mitleid mit der Eintracht.“ Alles Mitgefühl brachte nichts, denn Frankfurt kassierte in der Schlussminute sogar das 1:2 und rutschte in das Tal der Tränen. Die Hessen trugen den Schmerz mit Würde, Trainer Dragoslav Stepanovic wollte den Offiziellen nicht als Schuldigen an der verpassten Meisterschaft festmachen. Erst Jahre später sprach er seinen berühmten Satz "Lebbe geht weiter", im Mai 1992 hätte er besser gepasst denn je.

Hertha BSC

Ganz nah dran waren sie im Jahr 2009 auch bei Hertha BSC. Berlin, (damals noch gemeinsam mit Paris) die einzige europäische Hauptstadt ohne Top-Klub, dieses Stigma bröckelte ganz gewaltig, denn ganz Deutschland rieb sich die Augen ob der grandiosen Saison der Alten Dame. Vermutlich das Highlight der Saison spielte sich am 14. Februar ab, als die Blau-Weißen als Tabellendritter den Zweiten FC Bayern empfingen.

Auch wenn Bayern selbst alles andere als in Überform war, so schien ein Erfolg der Berliner utopisch. In einem Interview vor dem Spiel wurde Bastian Schweinsteiger gefragt, ob es im Kampf um die Schale eine Überraschung geben könnte: "Natürlich, aber durch Hertha? Ehrlich gesagt nein."

Angetrieben von dem Hunger, endlich aus dem Schatten des Unterschätzten herauszutreten, schlugen die damals vom noch unbekannten Lucien Favre trainierten Herthaner den großen FCB mit 2:1 durch einen Doppelpack von Andrej Voronin. Der Ukrainer bildete gemeinsam mit dem Serben Marko Pantelic den wohl unberechenbarsten Sturm der Liga, dahinter räumten Arne Friedrich und Josip Simunic alles weg. An diesem Abend schien es, als sei in Westend alles möglich. Die Fans dichteten dem Partysong "Hey, was geht ab?" kurzerhand die Zeile "Wir holen die Meisterschaft" hinzu, die Stimmung hätte ausgelassener nicht sein können.

Doch wie so häufig sind es die vermeintlichen Pflichtaufgaben, die am Ende den Unterschied machen. Von Spieltag 25 bis Spieltag 27 verlor man drei Spiele hintereinander, am letzten Spieltag verspielte man mit einem denkwürdigen 0:4 beim bereits abgestiegenen Karlsruher SC sogar noch die Champions League-Qualifikation.

Und so wirkt das große Spiel gegen die Bayern im Nachhinein wie eine Prophezeiung für die turbulente Zukunft von Hertha BSC: Bei den Bayern stand Jürgen Klinsmann an der Seitenlinie, dessen Gebaren die Alte Dame gut zehn Jahre später zum Gespött von Fußball-Deutschland machen sollte. Und ausbaden musste es ein ums andere Mal einer, der an diesem Abend im Mittelfeld für Hertha ackerte: Pal Dardai.