DFB Pokal Vorschau: Zeit für Revanche – Freiburg empfängt Titelverteidiger Leipzig
Freiburg brennt auf Vergeltung. Die Niederlage im Pokalfinale 2021/22 schmerzte die Breisgauer gleich doppelt: Einerseits, weil man erst im Elfmeterschießen die Chance auf den ersten Titel auf ganz großer Bühne hergab. Andererseits, weil das Duell mit Rasenballsport Leipzig zum Endspiel zwischen Fußballromantik und rücksichtslosem Kommerz hochstilisiert worden war.
Nach 120 Minuten stand es 1:1, vom Punkt hatte RB die besseren Nerven. Christian Günter – der Linksverteidiger vergab beim Elfmeterschießen in Berlin seinen Versuch – setzt voll auf die angeheizte Stimmung im Europapark-Stadion: "Wir können hier zu Hause jeden schlagen und deshalb werden wir voller Selbstvertrauen in das Spiel gehen."
Der letzte Freiburger Sieg über die Roten Bullen allerdings datiert im Oktober 2019. Seitdem gab es sieben Aufeinandertreffen, von denen vier an die Leipziger gingen. Beinahe könnte man von einem Angstgegner sprechen.
Was eng mit der typischen Red Bull-Spielweise zusammenhängt. Sie zeichnet sich durch hohe Qualität in der Ballverarbeitung, einen klaren Fokus auf die vertikalen Zuspiele – aber auch eine sehr intensive Spielweise aus. Aus Sicht von Christian Streich eine gefährliche Mischung.
Dass man im Viertelfinale den FC Bayern trotz 0:1-Rückstand noch aus dem Wettbewerb eliminieren konnte, lag an der laschen Spielweise der Münchner. Ohne allzu große Intensität versuchte Bayern, die Führung über die Zeit zu bringen, bewusst stieg man auf die Bremse. Erst diese fragwürdige Mentalität ermöglichte dem SC Freiburg das große Wunder. Leipzig steigt hingegen nur ungern auf die Bremse, sondern drückt deutlich lieber aufs Gaspedal.
Gibt Nkunku wieder den Ausschlag?
Das letzte Aufeinandertreffen endete 3:1 für die Mannschaft von Marco Rose. Christopher Nkunku war damals der beste Mann auf dem Feld. Er erzielte einen Treffer selbst, bereitete einen weiteren vor und sicherte seinem Team nach Foul von Nicolas Höfler außerdem einen Strafstoß. Viel mehr Einfluss kann man als Offensivspieler nicht ausüben.
Dass der Franzose beim 1:0-Erfolg über die TSG Hoffenheim ein gelungenes Startelf-Comeback feierte und den einzigen Treffer des Spiels erzielte, stimmt Marco Rose dementsprechend optimistisch. Spürbar belebte der Franzose am Samstag die Leipziger Offensive.
Seine individuelle Klasse wurde während der insgesamt 135-tägigen Verletzungspause qualvoll vermisst. Am Dienstag (20:45 Uhr, live auf Sky, im ZDF und in der Flashscore-Audioreportage) hat der Franzose von den Ärzten die Freigabe bekommen, er darf zumindest 90 Minuten auf dem Platz zu stehen. Bedenkt man Nkunkus persönliche Bilanz gegen Freiburg (drei Tore und fünf Assists in acht Spielen) – könnte das zu Roses großem Trumpf werden.
Wie lange der Trainer noch auf diesen setzen kann, steht in den Sternen. Der FC Chelsea sei interessiert. Hartnäckigen Gerüchten zufolge ist ein Deal längst beschlossene Sache. Nach dem Sieg über Hoffenheim sagte Rose vieldeutig: "Das sollte ihm noch mal Schub geben für die nächsten Wochen – für seine letzten Wochen gemeinsam mit uns."
Freiburg fokussiert sich auf die eigenen Stärken
Christian Streich möchte sich nicht in besonderem Maße mit einzelnen Spielern des Gegners beschäftigen. Freiburgs Vereinsikone hat sich zwar einige Gedanken über die mögliche Leipziger Anfangsformation gemacht, doch seine einfache Erkenntnis lautet: "Man weiß nie, wer dort anfängt. Sie haben 17, 18 Spieler, die in der Startelf stehen können."
Einmal mehr werden sich die Breisgauer auf ihre eigenen Stärken besinnen. Bei Eckbällen ist man nach dem VfL Bochum die zweitgefährlichste Mannschaft der Bundesliga, insgesamt erzielte keine Mannschaft mehr Treffer nach Standardsituationen. In der Defensive profitiert man von einem ausgeklügelten Konzept und taktischer Flexibilität. Frühes Stören, tiefes Sich-Fallen-Lassen? Der SC kann beides.
Eine weitere große Stärke: Freiburg gibt einfach nicht auf. Der Wille, bis zur letzten Minute zu kämpfen, ist riesig. Wie der Umstand beweist, dass man in den bisher vier Pokalspielen das entscheidende Tor stets erst in den letzten Atemzügen der Partie erzielte.
Gegen Kaiserslautern und St. Pauli trafen Ritsu Doan und Michael Gregoritsch erst in der Verlängerung zum entscheidenden 2:1. Beim Achtelfinalduell mit dem SV Sandhausen (2:0) erzielte Nils Petersen den ersten Freiburger Treffer in Minute 87. Lucas Höler verwandelte den entscheidenden Strafstoß beim 2:1-Sieg über den FC Bayern in der fünften Minute der Nachspielzeit.
Zum Match-Center: Freiburg vs. Leipzig
Teamnews: Kaum Ausfälle zu beklagen
Sowohl Christian Streich als auch Marco Rose können fast aus dem Vollen schöpfen. Streich fehlt lediglich der langzeitverletzte Daniel Kofi-Kyereh (Kreuzbandriss). Marco Rose muss unterdessen nur auf Peter Gulacsi (Kreuzbandriss) und Xaver Schlager (Syndesmoseriss Sprunggelenk) verzichten.
Schlager macht laut Auskunft des RB-Trainers entscheidende Fortschritte und absolvierte bereits gemeinsame Trainingseinheiten mit der Mannschaft. Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass beide Trainer nach den erfolgreichen Auftritten in der Liga erneut auf ihre Stammelf setzen werden.
Diskussionsbedarf liefert bei Freiburg nur die rechte Verteidigerposition, wo Streich zwischen Lukas Kübler und Kiliann Sildillia entscheiden muss. Auch Roland Sallai den zuletzt starken Doan verdrängen kann, bleibt abzuwarten.
Bei RB könnte Dominik Szoboszlai anstelle von Emil Forsberg in die Startelf rücken. Beim 1:0 gegen die TSG Hoffenheim saß der Ungar eine Gelbsperre ab.
Mögliche Aufstellungen
Freiburg (4-2-2-2): Flekken – Kübler, Ginter, Lienhart, Günter – Eggestein, Höfler – Doan, Grifo – Höler, Gregoritsch
Leipzig (3-4-3): Blaswich – Klostermann, Orban, Gvardiol – Simakan, Laimer, Kampl, Raum – Szoboszlai, Werner, Nkunku
Flashscore-Prognose: Keine Revanche
Volle Hütte, das verlorene Pokalfinale 22/23 im Hinterkopf – und doch wird sich letzten Endes die Qualität von RB Leipzig durchsetzen. So clever Freiburg auch Fußball spielt, mit der Dynamik von Christopher Nkunku hatte man in der Vergangenheit schon häufig Probleme. Das wird auch am Dienstag so sein. Nach 90 Minuten feiern die Gäste einen verdienten 2:1-Sieg.