Schiedsrichter erneut im Visier: "Qualität nicht mehr da"
Was jetzt? VAR - oder doch kein VAR? In der Bundesliga sorgen die Videoassistenten im Kölner Keller schon lange für heftige Diskussionen. Es vergeht kaum ein Spieltag ohne wütende Proteste. Und es gibt nicht wenige Spieler, Trainer und vor allem Fans, die für eine Abschaffung sind. Aber ohne, wie jetzt in den ersten beiden Runden im DFB-Pokal, geht es offenbar auch nicht.
Das Thema ist weiter omnipräsent, zumal sich die Unparteiischen in den vergangenen Pokaltagen ohne die VAR-Unterstützung etliche grobe Patzer geleistet hatten. Die Folge waren aufgebrachte Gemüter. Von "Wahnsinn", wie bei Heidenheims fassungslosem Trainer Frank Schmidt, oder einem "Bayern-Bonus", den der Mainzer Dominik Kohr vermutete, war die Rede gewesen.
Match-Center: FSV Mainz 05 vs. Bayern München
Gräfe spricht sich für VAR aus
Für den ehemaligen Spitzenschiedsrichter Hellmut Krug, der als Projektleiter für die Einführung des Videobeweises mitverantwortlich war, liegen die Gründe für die vielen Fehler auf der Hand. "Durch die Einführung des VAR hätten die Schiedsrichter eigentlich besser werden sollen. Leider ist das häufig nicht der Fall. Die Schiedsrichter wirken mitunter verunsichert und scheinen viel zu oft auf eine Reaktion des VAR zu warten, sie wirken bisweilen fremdbestimmt", sagte Krug der WAZ.
Auch Dauerkritiker Manuel Gräfe sieht darin das Problem. "Ohne VAR noch offensichtlicher: Qualität nicht mehr da - leider!", schrieb der frühere FIFA-Schiedsrichter bei X. Er führe das auf "strukturelle und personelle Probleme" zurück. Fehler würden "nicht angegangen, Kritik und Hilfe abgetan/ignoriert und kritische Stimmen entsorgt".
Krug hat Knut Kircher ins Visier genommen. "Wir haben einen neuen Schiedsrichterchef, der stellt sich hin und sagt, alles sei richtig. So kriegt man keine Klarheit", sagte der 68-Jährige. Dennoch: "Es wäre falsch und undenkbar, den VAR wieder komplett abzuschaffen. Schon morgen gäbe es eine haarsträubende Fehlentscheidung, und die ließe sich nicht mehr korrigieren", ergänzte Krug.
Kein VAR im Graubereich
Der frühere FIFA-Schiedsrichter Urs Meier erwartet "klare Entscheidungen - mit und ohne Video Assistent Referee." Schiedsrichter-Boss Kircher will forcieren, dass die Schiedsrichter Verantwortung übernehmen. Dann kann es nicht sein, dass sich ein Referee von seinem Assistenten lange nach der eigentlichen Aktion überstimmen lässt", sagte der Schweizer bei ran.de. Da brauche "man sich nicht wundern, warum es ständig zu Diskussionen und solchen Problemen kommt". Die Schiedsrichter würden sich "mehr und mehr auf das Tool des VAR verlassen".
Kircher war zuletzt immer wieder bemüht, die hitzig geführten Debatten einzufangen. Immerhin gab er zu, dass der Video-Assistent in letzter Zeit "zu kleinteilig, zu detektivisch" gewesen sei - und stellte klar: "Im Graubereich hat der VAR nichts zu suchen."
Deshalb hatte Kircher zuletzt eine vereinfachte Alternative vorgeschlagen. Dabei würde der sogenannte Video-Support, bei dem Trainer mit einer "Challenge" die Überprüfung von strittigen Szenen durch die Unparteiischen fordern können, den Video-Assistenten ersetzen. Für Krug ist das aber keine Alternative: "Ich warne vor der Challenge. Sie wird für keine Befriedung sorgen."
Dies ist ohnehin erst einmal Zukunftsmusik. Ab Freitag wird es in der Bundesliga und ab dem Achtelfinale auch im DFB-Pokal wieder den VAR geben - strittige Entscheidungen und wütende Proteste inbegriffen.