Das vorweggenommene EM-Endspiel, der Kracher nach dem "Donnermärchen", ein wahres Spektakel der beiden besten Mannschaften des Turniers: Die Fußball-Welt fiebert dem Viertelfinale zwischen Gastgeber Deutschland und Topfavorit Spanien entgegen, doch die "völlig losgelösten" DFB-Fans fürchten den jähen Absturz und fragen sich bang: Wird die rasende "rote Furie" zum deutschen EURO-Schreck?

Zum Match-Center: Spanien vs. Deutschland

Der langjährige Angstgegner, warnt Rudi Völler vor dem Duell mit reichlich Historie, sei "noch gefährlicher" als bei all den großen Siegen über die DFB-Elf. Im EM-Finale 2008, im WM-Halbfinale 2010 (je 1:0) oder bei der deutschen Schmach in der Nations League 2020 (0:6). Droht die nächste bittere Pleite und ein jähes Ende des Sommermärchens 2.0? Der Kapitän beruhigt.

Gündogan besänftigt die Nation

"Es gibt keinen Grund, nicht optimistisch zu sein", sagt Ilkay Gündogan. Das wunderbare Fußball-Fest könne weitergehen, von Stuttgart über München zum Sehnsuchtsort Berlin - bis zum vierten EM-Triumph am 14. Juli. Auch Bundestrainer Julian Nagelsmann strahlte beim Abschlusstraining lächelnd Ruhe aus, Mittelfeldmann Robert Andrich stimmte die Nation mit frisch gefärbten pinken Haaren auf die nächste bunte Party ein.

"Wir können und werden mehr als mithalten", verspricht Gündogan den Millionen TV-Zuschauern und den Hunderttausenden auf den schwarz-rot-goldenen Fanmeilen vor dem Knaller am Freitag (18 Uhr/LIVE in der Flashscore Audioreportage). Wunderkind Lamine Yamal hin, Ausnahme-Sechser Rodri her - auch "wir haben extreme Qualitäten". Und die Spanier sicher "mehr Respekt vor uns, als sie gerade öffentlich zugeben".

Kein anderes Team spazierte scheinbar so mühelos durchs Turnier. Doch auch bei der DFB-Auswahl ist etwas gewachsen, das wurde spätestens beim "Donnermärchen" im Achtelfinale gegen Dänemark (2:0) klar. Zuversicht und Widerstandskraft gepaart mit Klasse und Finesse. Dazu kommen die euphorisierten Fans, die in Stuttgart als "weiße Wand" (DFB) hinter ihren Lieblingen stehen sollen.

DFB-Elf wird von Aufgabe zu Aufgabe stärker

Der größte Antrieb, betont Toni Kroos, der seine Rente weiter aufschieben will, komme aus der Kabine. "Wir wollen noch deutlich weiterkommen und sind sehr überzeugt, dass wir das schaffen können", sagt die königliche Passmaschine. "Der Glaube in dieser Mannschaft", betont er, "ist extrem gewachsen". Und groß genug.

Klar, Spanien sei ein "harter Brocken", meint Joshua Kimmich, Thomas Müller erwartet "eine ganz knappe Kiste". Aber, betont der Routinier, er sehe "genügend Ansatzpunkte", wie Spanien zu "knacken" und der erste Pflichtspielsieg in diesem Duell seit 1988 zu erringen sei.

Den Weg dahin hat Nagelsmann im März vorgegeben. Mit seiner klaren Rollenverteilung und einer klaren Ansprache. Jetzt ist seine Elf drauf und dran, die "alte Festplatte" mit den vielen Enttäuschungen wie vom Bundestrainer vorgegeben endlich zu "löschen" und wieder eine Turniermannschaft zu werden. "Jeder weiß: Mit Deutschland ist wieder bis zur letzten Minute zu rechnen", sagt Völler: "Das ist der Ruf, den wir früher hatten und der bei den Gegnern für Respekt sorgt." Auch bei den Spaniern?

Die reden wie Rodri davon, die Deutschen hätten "Angst". Oder behaupten wie ihr früherer Weltmeistertrainer Vicente del Bosque, Spanien sei "in vielen Belangen besser". Sogar Deutschland-Fan Jürgen Klopp meint: "Im Moment sieht es so aus, als könnte Spanien es schaffen..."

Kontra K sorgt für Einigkeit

Nagelsmann will es mit einigen Kniffen verhindern - getreu dem Kabinenhit von Rapper Kontra K: "Erfolg ist kein Glück". Der Text, sagt Leroy Sane, "verbindet uns alle". Und der Evergreen "Major Tom" das Team "mit den Fans". Darf Sane als Verbinder zwischen Mittelfeld und Angriff wieder von Beginn an ran? Das ist die kniffligste Aufstellungsfrage.

Hinten links dürfte David Raum die Mammutaufgabe zukommen, Jungstar Yamal zu bremsen. Im Zentrum kehrt wohl Jonathan Tah nach abgelaufener Gelbsperre für Nico Schlotterbeck zurück. Vorne ist Florian Wirtz die erste Sane-Alternative.

Für Kroos steht fest, dass das Spiel "in der Mitte entschieden" wird - im Duell zwischen ihm und Rodri. Gündogan glaubt: "Der Schlüssel wird sein, wer besser damit klarkommt, den Ball nicht zu haben, ohne in Panik zu geraten." Und Völler setzt ganz auf die "Waffen" der DFB-Elf im Angriff wie Zauberfuß Jamal Musiala. "Mit diesen Qualitäten", sagt er, "kannst du jedem Gegner wehtun."

Teamnews: Nagelsmann beim Pokern

Bei Spanien gibt es nach einem hervorragenden Turnierverlauf keinen Grund zum Wechseln. Nacho Fernandez ist zwar von einer leichten Fußverletzung zurückgekehrt, in der Innenverteidigung sind allerdings Robin le Normand und Aymeric Laporte gesetzt.

Dani Olmo hat nach Einwechslung bei dieser EM zwar fast immer überzeugt, doch die Leistungen von Pedri und Fabian Ruiz sollten den spanischen Nationaltrainer Luis de la Fuente mindestens genauso überzeugt haben.

Julian Nagelsmann setzt als Bundestrainer zwar vorzugsweise auf dieselbe Startelf, einige offene Fragen gibt es dennoch. David Raum dürfte auf der linken Abwehrseite Maximilian Mittelstädt nachhaltig verdrängt haben. In der Sturmspitze wird der DFB-Coach wohl erneut auf Kai Havertz anstelle von Niclas Füllkrug setzen.

Offen ist das Rennen zwischen Leroy Sane und Florian Wirtz. Unsere Vermutung: Nagelsmann setzt auf die Dynamik und das Tempo von Sane. Gegen die aggressive Abwehrkette der Spanier könnten sich Räume für Konter ergeben.

Voraussichtliche Aufstellungen

Deutschland: Neuer/Bayern München (38 Jahre/123 Länderspiele) - Kimmich/Bayern München (29/90 ), Tah/Bayer Leverkusen (28/28), Rüdiger/Real Madrid (31/73), Raum/RB Leipzig (26/23) - Andrich/Bayer Leverkusen (29/9), Kroos/Real Madrid (34/113) - Sane/Bayern München (28/64), Gündogan/FC Barcelona (33/81), Musiala/Bayern München (21/33) - Havertz/Arsenal (25/50). - Trainer: Nagelsmann

Spanien: Simon/Athletic Bilbao (27/43) - Carvajal/Real Madrid (32/47), Le Normand/Real Sociedad (27/15), Laporte/Al-Nassr (30/32), Cucurella/FC Chelsea (25/7) - Rodri/Manchester City (28/53), Pedri/FC Barcelona (21/23), Ruiz/PSG (28/26 ) - Yamal/FC Barcelona (16/11), Morata/Atletico Madrid (31/77), Williams/Athletic Bilbao (21/17). - Trainer: De la Fuente

Schiedsrichter: Anthony Taylor (England)

Flashscore-Prognose: Drama pur

Das Herz zittert, die Anspannung steigt: Das Viertelfinale zwischen Titelfavorit Spanien und Gastgeber Deutschland ist ein absoluter Kracher - auch für neutrale Fans. Dass das DFB-Team bei dieser Europameisterschaft noch auf keine Spitzenmannschaften getroffen ist, könnte sich als Nachteil erweisen. Die spanische Spielstärke hingegen ist auch gegen starke Teams wie Kroatien und Italien bereits erprobt.

Unser Tipp lautet: Deutschland wird zwar optisch unterlegen sein, sich aber nach einem dramatischen Elfmeterschießen durchsetzen.