IIn der Nacht zuvor versicherte Olaf Scholz Bundestrainer Julian Nagelsmann die Rückendeckung der gesamten Nation, doch nach der kurzen Kabinenansprache des Bundeskanzlers herrschte kurz Unruhe. Die Alarmmeldung der Polizei um kurz vor Mitternacht aufgrund eines herrenlosen Koffers versetzte Nagelsmann aber nicht in Panik, auch der verpasste Sieg war schnell abgehakt. Selbstzweifel im EM-Countdown sind dem Bundestrainer fremd.
Kurze Ansprache des Bundeskanzlers
"Man gewinnt lieber. Aber der wichtigste Indikator ist, dass ich eine Mannschaft sehen will, die gewinnen möchte. Heute wollten wir gewinnen", sagte der 36-Jährige nach dem vorletzten Test für das Heim-Turnier. Seine Zufriedenheit hatte er in Nürnberg auch ausführlich seiner Mannschaft mitgeteilt - und damit die Redezeit von Scholz begrenzt. "Er wusste, dass ich vorher viel zur Mannschaft gelabert habe. Daher wollte er sich kurz halten", sagte Nagelsmann schmunzelnd über den prominenten Besucher. Der Kanzler habe "viel Glück gewünscht und gesagt, dass das Land hinter uns steht. Die Daumen sind gedrückt."
Die verzögerte Abfahrt aufgrund der laut Polizei "konkreten Gefahrensituation im Außenbereich des Stadions" nutzten Thomas Müller und Co. zur Nahrungsaufnahme. Das Essen nach dem Spiel wurde von Koch Anton Schmaus in der Kabine serviert. Erst nach Mitternacht ging es zurück ins Quartier.
Dort trafen dann am Dienstag Kroos, Rüdiger und Nico Schlotterbeck ein. Der Kader ist damit komplett, Nagelsmann ungeachtet des 0:0 am Montag entsprechend positiv gestimmt. "Wir haben nach einer langen Saison alles reingeworfen. Gegen so einen tiefen, kompakten Block des Gegners musst du erst einmal 27 Abschlüsse haben", sagte er.
Nagelsmann erkennt noch einige Schwächen
Es mangelte aber an Präzision im Abschluss. Da gilt es nun anzusetzen. Man brauche "eine bessere Strafraumbesetzung", stellte Nagelsmann fest: "Wir müssen die Flanken noch aggressiver in den Sechzehner kriegen." Der Bundestrainer wird sich noch einmal die Frage stellen müssen, ob Kai Havertz die Idealbesetzung im Sturmzentrum gegen einen tief stehenden Gegner ist. Schottland dürfte beim EM-Auftakt ebenfalls Beton anrühren, auch von den nächsten Gegnern Ungarn und Schweiz wird kein Offensivspektakel erwartet. "Das Spiel war perfekt im Hinblick auf die Spiele, die in der Gruppenphase auf uns zukommen", sagte Nagelsmann - und es gab auch einige Lichtblicke.
Maximilian Beier wirbelte nach seiner Einwechslung auf der rechten Seite und hatte mit einem Aluminiumtreffer Pech. "Ich probiere mein Bestes zu geben. Heute hat es super geklappt", sagte der Hoffenheimer nach seinem gelungenen Länderspieldebüt. Der 21-Jährige habe seine EM-Teilnahme "auf jeden Fall wahrscheinlicher gemacht", sagte Nagelsmann und lobte "Maxi" für ein "sehr gutes Spiel".
Das machten auch die Joker Deniz Undav und Chris Führich sowie mit wenigen Ausnahmen die Defensivabteilung. "Wir standen stabil, egal, was der Trainer ausprobiert hat und ob es Wechsel gab", lobte Torhüter Manuel Neuer nach seinem Comeback im DFB-Trikot nach 550 Tagen. "Wir haben Struktur und Dominanz in der Defensive behalten, das ist entscheidend", ergänzte Neuer, dessen einziger Patzer kurz vor dem Ende folgenlos blieb.
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Generalprobe in Mönchengladbach
Die Generalprobe erfolgt am Freitag (20:45 Uhr/LIVE in der Flashscore Audioreportage) in Mönchengladbach gegen Griechenland. Da soll die Euphorie weiter befeuert werden. Es gebe schließlich "keinen Grund, nervös zu sein", versicherte Müller. Auch sein Münchner Teamkollege Joshua Kimmich blickte optimistisch nach vorne. "Die Tore haben gefehlt, ansonsten war viel von dem da, was wir zeigen wollen", stellte er fest.
Der Sieg soll gegen die Griechen nachgeholt werden. "Der 14. Juni ist schon das wichtigere Spiel. Aber Siege sind besser als Unentschieden oder Niederlagen", sagte Nagelsmann, der dann auch wieder auf Leroy Sane zurückgreifen kann, dessen Sperre abgelaufen ist. "Er hat schon die Chance, in die erste Elf zu rutschen. Aber er muss trainieren und wird gegen die Griechen zum Einsatz kommen", sagte Nagelsmann über den verletzungsgeplagten Münchner.