Von Bellingham bis Shaqiri: Wenn umstrittene Gesten den Jubel trüben

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Von Bellingham bis Shaqiri: Wenn umstrittene Gesten den Jubel trüben

Wir war Jude Bellinghams Geste nach dem 1:1 gegen die Slowakei gemeint?
Wir war Jude Bellinghams Geste nach dem 1:1 gegen die Slowakei gemeint?Profimedia
Jude Bellingham ist bei der EM 2024 in Konflikt mit der Uefa geraten, nachdem die Kameras den Star von Real Madrid nach seinem dramatischen Ausgleichstreffer per Fallrückzieher für England im Achtelfinale gegen die Slowakei bei einer obszönen Geste erwischten.

Der Mittelfeldspieler hatte am Sonntag in der 95. Minute den wichtigen Ausgleichstreffer erzielt, bevor England die Slowakei schließlich mit 2:1 nach Verlängerung besiegte und sich damit in allerletzter Sekunde das Viertelfinal-Ticket gegen die Schweiz sicherte.

Nach dem Tor wurde Bellingham dabei gefilmt, wie er einen Griff in den Schritt nachahmte und dabei offenbar in Richtung der slowakischen Bank gestikulierte. Inzwischen hat der Topstar den Fans versichert, dass es sich lediglich um einen Insider-Witz zwischen ihm und einigen Freunden handelte: "Ein Insider-Witz gegenüber einigen engen Freunden, die bei dem Spiel waren. Ich habe nichts als Respekt dafür, wie das slowakische Team heute Abend gespielt hat", verteidigte sich Bellingham auf X.

Bellingham nach Geste am Pranger - Demiaral legt nacht

Die Uefa teilte jedoch offiziell mit, dass es aufgrund "eines möglichen Verstoßes gegen die grundlegenden Regeln des anständigen Verhaltens durch den englischen Fußballspieler Jude Bellingham" eine Untersuchung eingeleitet worden sei.

Nach der Bellingham-Affäre kam es bei der EM zu einer weiteren ähnlichen, aber nicht damit zusammenhängenden Kontroverse: Der türkische Matchwinner Merih Demiral geriet wegen seines "Wolfsgrußes" nach dem Achtelfinalsieg seines Landes gegen Österreich ebenfalls in die Kritik.

Flashscore wirft einen Blick zurück auf weitere Momente im Fußball, die nach umstrittenen Jubelgesten Kontroversen auslösten:

Xherdan Shaqiris Doppeladler

Der Schweizer Xherdan Shaqiri, der kosovo-albanischer Abstammung ist, feierte seine Tore beim Gruppenspiel der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft 2018 zwischen Serbien und der Schweiz mit einer "Doppeladler"-Geste, die das albanische Nationalemblem nachahmt.

Die Spannungen zwischen Serbien und Albanien waren aufgrund historischer Konflikte, insbesondere des Jugoslawien- und des Kosovokrieges, bei denen 3.368 Zivilisten ums Leben kamen, ohnehin schon gewaltig.

Xherdan Shaqiri erregte 2018 serbische Gemüter
Xherdan Shaqiri erregte 2018 serbische GemüterAFP

Shaqiris Geste, die auch von seinem Teamkollegen Granit Xhaka, der ebenfalls kosovo-albanischer Abstammung ist, nachgeahmt wurde, interpretierten Medien und Fans als Symbol des albanischen Nationalismus, was einen gewaltigen Skandal auf dem Spielfeld und darüber hinaus auslöste.

Damals versuchte Shaqiri, den Jubel herunterzuspielen: "Das sind nur Emotionen. Ich bin sehr glücklich, dass ich dieses Tor geschossen habe. Mehr ist es nicht. Wir müssen jetzt nicht darüber sprechen."

Die FIFA bestrafte Shaqiri und Xhaka schließlich mit einer Geldstrafe in Höhe von jeweils rund 8.680 Euro. Dennoch bleibt das Spiel als ein denkwürdiges Zeichen für die geopolitischen Spannungen im Balkan in Erinnerung.

Mandzukic grüßt seinen General

Wir bleiben im Balkan - und beim nächsten Gruß. Mario Mandzukic war seiner Zeit erfolgreicher Torjäger und Champions-League-Sieger mit dem FC Bayern München. Am 17. November 2012 traf der Kroate nach nur drei Minuten in Nürnberg. Nach seinem Torerfolg salutierte er in Richtung der Kurve der mitgereisten Bayer-Fans.

Mario Mandzukic machte mit einem Militär-Gruß auf sich aufmerksam
Mario Mandzukic machte mit einem Militär-Gruß auf sich aufmerksamProfimedia

Dumm nur, dass nur einen Tag vorher die beiden kroatischen Kriegsgeneräle aus dem Jugoslawien-Krieg, Ante Gotovina und Mladen Markac, von Anschuldigungen der Kriegsverbrechen in Den Haag überraschend freigesprochen wurden - und der Gruß des Angreifers einem Militärgruß ähnelte.

"Das hat mit Politik nichts zu tun, ich bin lediglich zur Kurve gerannt und habe unsere Fans begrüßt. Ich bin völlig unpolitisch", hatte sich Mandzukic nach dem Vorfall verteidigt.

Auch sein damaliger Teamkollege Shaqiri war abermals involviert, da er den Jubel Mandzukics imitierte. Kroaten und Albaner galten im Balkan-Krieg als Verbündete gegen Serbien. Beide Spieler wurden von der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth ermahnt, die Angelegenheit wurde jedoch später fallen gelassen.

Die "Quenelle" von Nicolas Anelka

Der französische Stürmer Nicolas Anelka sorgte für Aufsehen, als er ein Tor für West Brom gegen West Ham mit einer "Quenelle"-Geste feierte. Für den damals 34-Jährigen war es das erste Tor für den Klub nach seiner Ankunft im Jahr 2013. Dies zelebrierte er mit einem umgekehrten Nazi-Gruß, der in Frankreich von seinem umstrittenen Comedian-Freund Dieudonné M’bala M’bala populär gemacht wurde.

Nicolas Anelka fasste sich an den Ärmel, als er während des Spiels der Barclays Premier League gegen West Ham traf
Nicolas Anelka fasste sich an den Ärmel, als er während des Spiels der Barclays Premier League gegen West Ham trafAFP

Medien brachten diese Geste mit Antisemitismus in Verbindung, was anschließend zu seinem Ausschluss aus der französischen Nationalmannschaft führte. Anelka selbst bestritt jegliche antisemitische Absicht und behauptete, es sei lediglich eine Widmung an seinen Kumpel. Doch der Schaden war angerichtet - und sein Verein entließ ihn am Ende der Saison inmitten einer lang anhaltenden und hitzigen Debatte in der Presse.

Gascoignes Flöte gegen Celtic Glasgow

Der englische Mittelfeldspieler Paul Gascoigne, der ohnehin für seine lebhafte Persönlichkeit sowie Skandale auf und neben dem Spielfeld bekannt war, sorgte in seiner von verrückten Momenten geprägten Karriere für eine weitere Kontroverse, als er in einem stets hitzigen Old Firm-Derby ein Tor seiner Rangers gegen Celtic auf äußerst provokante Art und Weise feierte - und das auch noch im Celtic Park, das Stadion des Erzrivalen.

Bereits kur nach seiner Ankunft in Glasgow hatten Mannschaftskameraden "Gazza" angestachelt, auf einer Flöte zu spielen, um sich über die vorherigen Gesänge der Celtic-Fans lustig zu machen, die gegen ihn gerichtet waren.

Einige sahen darin einen lustigen Scherz, andere empfanden es als beleidigend und respektlos, insbesondere angesichts der historischen und religiösen Spannungen in Glasgow. Denn die "Schärpe" gilt als Symbol für die Vorherrschaft der Loyalisten, mit denen sich Rangers-Fans identifizieren, gegenüber den Katholiken, die die Basis die Fanschaft von Celtic darstellen.

"Ich weiß genau, wie wichtig das Derby ist, und welche Rolle der Konflikt von Katholiken und Protestanten dabei spielt. Ich werde das nicht noch einmal tun", versicherte der Nordire nach dem Vorfall, der ihm eine Geldstrafe von 20.000 Pfund durch die Rangers und angebliche Morddrohungen der IRA einbrachte.

Robbie Fowler überschreitet die Grenze

Der Torjubel der Liverpooler Legende Robbie Fowler gegen den Lokalrivalen Everton gilt als größter Akt der Homophobie im Sport. Nach seinem Treffer kniete Fowler an der Seitenlinie von Anfield nieder und tat so, als würde er eine riesige imaginäre Linie Kokain vom Boden einer der weißen Spielfeldmarkierungen schnupfen.

Im Kontext war diese Geste an Graeme Le Saux gerichtet, mit dem sich Fowler einige Woche zuvor, am 27. Februar 1999, während eines Spiels zwischen Chelsea und Liverpool das ganze Spiel über Nickligkeiten geliefert hatte. Über Le Saux wurden zu dieser Zeit Gerüchte verstreut, laut denen er homosexuell gewesen sei.

Damals behauptete Fowler, es sei eine lustige Anspielung auf einen bestimmten Fan gewesen, der ihn während des Spiels verspottet hatte.  Fowler war im Laufe seiner Karriere ebenfalls Opfer ähnlicher drogenbezogener Verspottungen geworden.

Der Stürmer wurde im Laufe des Verfahrens für Spielen gesperrt. Für seine homophoben Beleidigungen gegenüber Le Saux hatte er bereits nach dem Derby für zwei Spiele aussetzen müssen.

Der Nazi-Gruß von Paolo Di Canio

Eine der wohl beleidigendsten Gesten in der Fußballgeschichte war der Nazi-Gruß von Paolo Di Canio im Jahr 2005. Seinen 1:0-Treffer für Lazio gegen den Rivalen Roma feierte der italienische Stürmer, der zudem das Wort "Dux" (lateinisch: Führer) auf seinem rechten Arm tätowiert hat, mit einem faschistischen Gruß in Richtung der Lazio-Kurve.

Lazio-Stürmer Paolo Di Canio gestikuliert in Richtung der Lazio-Fans
Lazio-Stürmer Paolo Di Canio gestikuliert in Richtung der Lazio-FansAFP

Berichten zufolge erklärte er anschließend: "Ich bin ein Faschist, kein Rassist". Di Canio wurde zu einer Geldstrafe und einer Sperre von einem Spiel verurteilt.