Wie ein Fiat gegen einen Ferrari: Italien nach Blamage von Berlin in Aufruhr

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Wie ein Fiat gegen einen Ferrari: Italien nach Blamage von Berlin in Aufruhr

Aktualisiert
Luciano Spalletti steht in Italien womöglich vor dem Aus.
Luciano Spalletti steht in Italien womöglich vor dem Aus.AFP
"Blamage", "Katastrophe", "Desaster" - das Urteil war vernichtend. Kaum hatte Titelverteidiger Italien in Berlin schwer geschlagen das Feld räumen müssen, fielen die Medien daheim in bekannter Gnadenlosigkeit über die Squadra Azzurra her. Luciano Spalletti musste sich zugleich "geschmacklose Anspielungen" gefallen lassen. Nach dem enttäuschenden EM-Aus nahm der Trainer die Schuld auf sich, doch die stolze Fußball-Nation ist nach der schwachen Vorstellung gegen die Schweiz in Aufruhr.

Während die italienischen Berichterstatter nach dem bitteren 0:2 (0:1) im Achtelfinale ohnehin schäumten, bohrte ein Schweizer Journalist noch tiefer in die ohnehin schon schmerzende Wunde. Ob Italien ein Fiat Panda und die Schweiz ein Ferrari gewesen sei, fragte er. "Wenn du verlierst, musst du alles akzeptieren", antwortete Spalletti: "Selbst solche geschmacklosen Anspielungen wie die Ihre."

Zum Match-Center: Schweiz vs. Italien

Allerdings, der Fragesteller habe Recht, die Schweiz habe "verdient gewonnen", gab Spalletti zu und ergänzte: "Wir versuchen es das nächste Mal besser zu machen, weil wir ihnen keine großen Probleme bereitet haben." Ausgerechnet im Berliner Olympiastadion, wo sich Italien vor 18 Jahren noch glorreich zum Weltmeister gekrönt hatte, war Spallettis harmloses Team den mutigen Schweizern tatsächlich komplett unterlegen gewesen.

Spalletti stark in der Kritik

Die Frage nach der Zukunft des Trainers, der den viermaligen Weltmeister im vergangenen Jahr übernommen hatte, ließ daher nicht lange auf sich warten. Die Niederlage "ändert für mich nichts, auch wenn ich dafür verantwortlich bin, was passiert ist - ich habe die Spieler ausgewählt und das ist der Prozess, den ich brauche, die Spieler besser kennen zu lernen", sagte Spalletti.

Einen Tag später erhielt der 65-Jährige auch die Rückendeckung des Verbandschefs, der Spalletti das Vertrauen aussprach. "Es ist unmöglich, Probleme zu lösen, indem man ein langfristiges Projekt aufgibt oder den Trainer und die Spieler im Stich lässt, die uns bei diesem Projekt begleitet haben", sagte Gabriele Gravina.

Die italienische Presse dürfte das anders sehen. "Luciano, was für eine Schande!", schrieb die Gazzetta dello Sport nach dem "Spiel des Zusammenbruchs" und warf dem Trainer vor, sich "für eine zu ehrgeizige und komplizierte Taktik für die Qualität der Spieler entschieden" zu haben. Die Konsequenz: "Jetzt ist Schluss!" Nach dem "Desaster" müsse Spalletti "über seine Zukunft als Trainer nachdenken", lautete das vernichtende Fazit des Corriere dello Sport. Für Tuttosport war der Abend einfach nur eine "Katastrophe".

Spalletti wollte derweil "keine Ausreden suchen", begründete das enttäuschende Abschneiden aber auch mit Verletzungen und der fehlenden Vorbereitungszeit. "Andere Trainer hatten vor der EM zwanzig, manche dreißig Spiele. Ich hatte zehn und wir mussten direkt gewinnen", sagte der 65-Jährige.

Schon eine schwierige EM-Qualifiaktion

Dabei war sein Debüt in der EM-Qualifikation gegen Nordmazedonien (1:1) im vergangenen September schon gehörig schief gelaufen, nach zwei verpassten WM-Endrunden unter seinen Vorgängern Gian Piero Ventura und Roberto Mancini hatte Italien das nächste Debakel nur mit Mühe abgewendet. Doch auch in Deutschland taumelte der Titelverteidiger durch die EM-Vorrunde und wurde oft nur durch Keeper Gianluigi Donnarumma im Spiel gehalten.

Gegen die Schweiz funktionierte nicht viel.
Gegen die Schweiz funktionierte nicht viel.Opta by StatsPerform

Gegen die Schweiz war nun Schluss. Die Mannschaft sei bezüglich der Intensität unterlegen gewesen, es sei "absolut notwendig, mehr Laufstärke in das Team zu bringen", sagte Spalletti, der jedoch betonte, "immer auf der Seite der Spieler" zu stehen: "Die Verantwortung liegt bei mir."

Er verlasse das Turnier "mit der Gewissheit, dass sich etwas ändern muss", sagte Spalletti. Ob er selbst noch die Gelegenheit haben wird, die Wende einzuleiten, bleibt abzuwarten.