Italien im Tour-Fieber: Kein Titelkandidat, aber riesengroße Begeisterung

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Italien im Tour-Fieber: Kein Titelkandidat, aber riesengroße Begeisterung

Der Tour-Start in Italien erwies sich als voller Erfolg.
Der Tour-Start in Italien erwies sich als voller Erfolg.AFP
Der erste Tour-Auftakt in Italien war stimmungsvoll. Begleitet wurde er von Tausenden Tifosi am Straßenrand - und einem melancholischen Blick in die Vergangenheit.

Das beste Heilmittel gegen den heftigen EM-Kater war die Tour de France. Zwischen Cesenatico und Bologna säumten am Tag nach dem EM-Aus Italiens Tausende Tifosi die Straßen und jubelten in der sengenden Sommerhitze den vorbeirauschenden Radprofis zu.

Gefeiert wurde das Event, die Tour und ihre Strahlkraft lockten die Menschen aus ihren Häusern, die Aussicht auf einen Sieg eines Landsmanns war schließlich bescheiden.

Das italienische Kontingent ist klein bei der 111. Tour. Nur sieben Fahrer aus der traditionsreichen Radsport-Nation nahmen das Rennen am vergangenen Samstag in Florenz auf, einer weniger als die Deutschen an den Start gebracht haben. Michele Gazzoli (Astana Qazaqstan) gab am Samstag als erster der 174 Fahrer im Peloton auf. 

Von den weiteren sechs haben Giulio Ciccone, Kapitän des Teams Lidl-Trek und im Vorjahr Gewinner des Bergtrikots, sowie Alberto Bettiol (EF Education-EasyPost) das Zeug für Etappensiege.

Der italienische Name, der in diesem Jahr am ehesten mit dem Tour-Sieg in Verbindung gebracht werden kann, ist Colnago - es ist der Rad-Hersteller, der Top-Favorit Tadej Pogacar und dessen UAE-Team ausstattet.

Gedenken an eine Legende

Und so war das gelungene Italien-Gastspiel, das am Dienstag mit der Überfahrt nach Frankreich endet, mit viel Folklore und Gedanken an eine bessere, weil erfolgreiche Vergangenheit begleitet. Marco Pantani, einer der größten Radfahrer Italiens, überstrahlte dabei alles.

In Rimini, wo die erste Etappe der Tour endete, starb der "Pirat", wegen seiner Triumphe und trotz seiner (Doping)-Skandale geliebt, 2004 im Alter von nur 34 Jahren. In Cesenatico nahe seiner Geburtsstadt Cesena wurde an der Piazza Marco Pantani mitgefiebert. Auf dem örtlichen Friedhof ist der Tour-Sieger von 1998 begraben, im Museum "Spazio Pantani" gibt es Andenken zu bewundern, darunter die legendären Bandana-Tücher.

Vor einer Woche war auch Jan Ullrich einmal wieder zu Besuch in Cesenatico. Der einstige Pantani-Rivale und einzige deutsche Tour-Sieger (1997) war bei der Veranstaltung "La Notte Gialla" geladen. Mutter Tonina war zugegen, auch Vater Paolo und Manola Pantani, die Schwester des Volkshelden, waren da.

Ullrich sagte lobende Worte. Ex-Weltmeister Mario Cipollini sprach vollmundig von einer "wunderbaren Zeit für den Radsport", was angesichts des kollektiven Doping-Missbrauchs in der damaligen Ära eine mindestens gewagte These ist.

Große Sehnsucht

Zurück in die Vergangenheit wollen trotz der Erinnerungen an die unvergesslichen Erfolge Pantanis die wenigsten, auch wenn zehn Jahre nach dem bislang letzten italienischen Tour-Triumph durch Vincenzo Nibali die Sehnsucht nach einem Nachfolger groß ist. Ein Anwärter auf das Gelbe Trikot steht derzeit aber nicht bereit. Fahrer wie Antonio Tiberi (23) und Giulio Pellizzari (20) sind derzeit nicht mehr als hoffnungsvolle Rundfahrttalente.

Für die Tifosi bleibt zu hoffen, dass die Squadra Azzurra bei der kommenden Fußball-WM in Nordamerika besser abschneidet. 2026 beginnt die Tour de France in Barcelona. Ein Abstecher nach Italien ist daher unwahrscheinlich.