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WM-Gastgeber: Ist Katar ein Fußball-Land?

WM-Gastgeber: Ist Katar ein Fußball-Land?
WM-Gastgeber: Ist Katar ein Fußball-Land?Profimedia
Viel wird in diesen Tagen über die Tauglichkeit von Katar als Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft diskutiert. Dabei fokussieren sich viele zurecht auf gesellschaftliche und kulturelle Themen. Aber passt die WM eigentlich sportlich nach Katar? Welchen Stellenwert hat der Fußball im Wüstenstaat?

Ende August. Education City Stadium, ar-Rayyan. Bei rund 35 Grad läuft eine Partie des fünften Spieltags der Qatar Stars League, der ersten Liga des WM-Ausrichterlandes. Rund 2.000 Menschen haben sich im 45.530 Zuschauer fassenden künftigen WM-Stadion eingefunden, um sich das Spiel zwischen Al Sailiya und Al Sadd anzusehen. Genau ist die Zuschauerzahl nicht zu beziffern, da der Ligaverband trotz anderslautender Anordnungen der FIFA die entsprechende Zeile im Spielbericht offen lässt. Die, die gekommen sind, sehen ein munteres Spiel zwischen dem Tabellenelften und dem Tabellensiebten - in der katarischen Liga ein Duell gegen den Abstieg.

12 Mannschaften kämpfen Jahr für Jahr in der QSL um den Titel, die schwächste Mannschaft steigt in die zweitklassige Qatari Second Division ab. Fußball ist Sportart Nummer eins in Katar, trotzdem sind die Möglichkeiten in dem Land mit rund drei Millionen Einwohnern begrenzt. Auch deshalb, da die große Mehrheit der Einwohner keine Katarer sind (fast 90 Prozent) und aus dem Heimatland bereits den Lieblingsverein mitbringen. So kommt es, dass die Qatar Stars League ihrem Namen alle Ehre macht und immer wieder versucht, renommierte Ausländer zu verpflichten. Während der Großteil der Spieler aus Katar stammt, gehen die großen Gehälter nicht an die Einheimischen, sondern an mehr oder weniger große Stars aus dem Ausland.

André Ayew im Duell mit drei Gegenspielern vor fast leeren Rängen im Education City Stadium.
André Ayew im Duell mit drei Gegenspielern vor fast leeren Rängen im Education City Stadium.AFP

An diesem Augusttag in ar-Rayyan bringt der ghanaische Nationalspieler Andre Ayew die Gäste von Al-Sadd früh in Führung. Ayew hat in seiner Karriere einiges gesehen: Ausgebildet bei Olympique Marseille hatte er Stationen in der englischen Premier League und der türkischen Süper Lig, bevor er im Sommer 2021 in Katar unterschrieb. Die Schlussfolgerungen passieren automatisch: "Da tauscht jemand seine fußballerische Ambition gegen finanzielle Absicherung ein". Ganz so einfach ist es nicht: Bereits Ayews Vater, der legendäre Abedi Pele, wechselte einst aus Ghana nach Katar zu Al-Sadd, bevor er sich kurz danach schwer verletzte. Der Klub kümmerte sich um ihn, ließ ihn nicht fallen und bezahlte für seine Behandlung. Das vergaß Abedi Pele nicht, obwohl er später große Karriere in Frankreich machte und gab die Liebe zu Al-Sadd an seinen Sohn weiter.

Frauen waren in Katar lange Zeit vom Besuch von Fußballspielen faktisch ausgeschlossen.
Frauen waren in Katar lange Zeit vom Besuch von Fußballspielen faktisch ausgeschlossen.AFP

Auch die anderen Torschützen dieses Spiels stammen nicht aus Katar: Der Schwede Carlos Strandberg gleicht zwischenzeitlich für Al-Sailiya aus, am Ende besorgt der algerische Nationalstürmer Baghdad Bounedjah den Siegtreffer für die Gäste. Sie alle arbeiten daran, aus der Qatar Stars League ein Produkt zu machen, das attraktiver für Zuschauer wird. Und für Zuschauerinnen? In einer Umfrage unter katarischen Fußballfans kam heraus, dass die "unpassende Atmosphäre für Frauen" einer der Hauptgründe ist, warum die Stadien größtenteils leer bleiben. Neben den Temperaturen und der Anwesenheit von bezahlten Fans. Gerade abseits des Platzes ist der Weg zu einem Fußballland noch weit, das ist nicht nur den verstreuten 2.000 Zuschauern in ar-Rayyan klar.