Zu wenig "Feenstaub": Nur Dürr und Straßer machen deutschem Skirennsport Hoffnung
Linus Straßer steuerte seinen dunkelblauen Wagen schwungvoll in die Auffahrt zum Hotel Bergland in Sölden, nur um gleich energisch auf die Bremse zu treten: Auf dem Vorplatz herrschte reges Treiben, der Hauptsponsor des alpinen Ski-Weltcups hatte zum traditionellen "Get Together" geladen. Straßer wendete flugs, kam gut gelaunt zu Fuß zurück und ließ verlauten: "Ich bin fit." Ein Satz, der selten geworden ist beim Deutschen Skiverband (DSV).
Viele Verletzungssorgen beim DSV
Nein, es steht nicht gut um die deutschen Skirennläufer vor dem Auftakt des Weltcups am Wochenende in Sölden: Weltmeister Alexander Schmid ist ständig erschöpft. Andreas Sander hat Sportverbot. Simon Jocher erholt sich von einem Bandscheibenvorfall. Thomas Dreßen und Josef Ferstl sind zurückgetreten. Und hoffnungsvolle Talente, die irgendwann mal die Lücken schließen sollen, sind noch nicht so weit - oder verletzt.
"Wir haben sieben Startplätze - und kriegen sie nicht voll", klagte Cheftrainer Christian Schwaiger. Wenn überhaupt einer für ein anständiges Ergebnis bei den Riesenslaloms am Samstag (Frauen) und Sonntag (Männer/jeweils 10.00/13.00 Uhr/BR und Eurosport) sorgen könnte, dann Schmid. Der Allgäuer aber ist immer wieder krank, trainiert daher eher schlecht als recht - und muss danach auch erst mal "zwei Tage auf die Couch", wie Schwaiger mit einem Hang zum Fatalismus berichtete.
Woran das liegt? "Wenn ich das wüsste", sagte Schmid. Die vergangenen Wochen waren jedenfalls ein "ständiges Auf und Ab", erzählte er. Ach ja, das nach einem Kreuzbandriss lädierte Knie meldet sich auch regelmäßig. Schmid sagte, er müsse "meine Erwartungshaltung herunterschrauben", machte sich aber für Sölden trotzdem Mut: "Ich habe nichts zu verlieren."
Vergangene Erfolge sind Schnee von Gestern
Das alles sind "keine guten Aussichten", sagte Schwaiger, "aber das ist die Situation, das müssen wir jetzt nehmen, wie es ist." Und so ruhen die Hoffnungen erst mal und gerade mal auf einer Frau und einem Mann: auf Lena Dürr und Straßer. Beide belegten in der vergangenen Saison Platz zwei im Slalom-Weltcup, aber das zählt am Wochenende genau: nichts.
Im Riesenslalom bräuchte er "ein bisschen mehr Glück als Verstand", sagte Straßer selbstkritisch - aber im Slalom, da muss er niemandem mehr etwas beweisen. Wer erst in Kitzbühel gewinnt und nur vier Tage später in Schladming, wer also auf einen Schlag gleich zwei der Klassiker abräumt, der gehört zu den Besten der Welt, keine Frage. Trotzdem ist "es Schnee von gestern, trotzdem ist nächste Saison eine neue Saison", sagte Straßer.
Und in der neuen Saison, die ja auch eine WM-Saison ist, will der 31-Jährige, von Alpinchef Wolfgang Maier wegen seiner Siege prosaisch wahlweise als "Feenstaub" oder "das Lebenselixier" bezeichnet, "in jedem Rennen konkurrenzfähig sein". Der süße Geschmack des Erfolges macht Hunger auf mehr. "Ich will", sagte Straßer, "Siege jagen." Sein größtes Ziel ist der Gewinn des Slalom-Weltcups. Vergangene Saison lag nur Manuel Feller vor ihm.
Dürr stand im Kampf um die Kristallkugel auf dem Podest neben Ski-Königin Mikaela Shiffrin. Für sie und Straßer geht es so richtig erst ab Mitte November los, mit den Rennen im finnischen Levi und im österreichischen Gurgl. "Ich fühle mich gut", sagte Dürr, die seit nunmehr zwei Jahren so konstant gute WM-Dritte von 2023 - vor allem aber betonte sie voller Zuversicht: "Ich bin fit."
Das ist in diesen Tagen schon die beste Nachricht für den DSV.